1056 Männer und 386 Frauen brachten sich im Jahr 2022 in
Nordrhein-Westfalen ums Leben. Über die Jahre hinweg gesehen sei die
Zahl „relativ gleichbleibend“, sagt Hendrik Meisel, der als Pfarrer im evangelischen
Kirchenkreis unter anderem die Funktionsbereiche Seelsorge
und Beratung betreut.
Hinterbliebene müssten nicht nur mit dem Verlust und der Trauer fertig
werden, sondern auch mit den Reaktionen ihrer Umgebung, mit Schuldgefühlen
und Scham. „Warum hab ich es nicht erkannt, warum konnte
ich es nicht verhindern?“, sind Vorwürfe, die sich Menschen selbst machen,
die sie aber auch in ihrem Lebensumfeld wahrnehmen. So beschreibt
es Sylvie Blätgen, Koordinatorin des Ambulanten Hospizdienstes.
„Die Menschen der Umgebung sind schnell dabei, Gründe zu finden.“
Trauerbegleitung von Angehörigen ist Thema im Kirchenkreis und auch
im Christlichen Hospiz „Am Roten Läppchen“ in Heessen. „Die Trauer
nach einem Suizid unterscheidet sich von der nach einem natürlichen
Tod“, sagt Sylvie Blätgen. Den Hinterbliebenen einen geschützen Raum zu
bieten, sich auszutauschen, ist das Anliegen der neuen „Trauergruppe für
Angehörige nach Suizid“, einem gemeinsam Projekt von Kirchenkreis und
Ambulantem Hospizdienst.
Während es für Suizid-Gefährdete mit der Telefonseelsorge durchaus
gute Gesprächsangebote gebe, würden Hinterbliebene meist allein gelassen,
weiß Blätgen. „Diese Angehörigen brauchen eine Auffangmöglichkeit.“
Fragen sind unter anderem: „Wie schütze ich mich vor den Reaktionen
der Gesellschaft? Oder auch: Wie sage ich es später einmal meinen
Kindern, die zum Zeitpunkt der Tat noch klein sind?“, so die
Koordinatorin.
„Die Chance ist, den Verlust ins eigene Leben zu integrieren“, sagt Pfarrer
Meisel. Die Trauergruppe wird einmal im Monat, erstmals am 9. Oktober
um 18 Uhr, in den Räumen des Ambulanten Hospizdienstes an der Dolberger
Sraße 57 zusammenkommen. Sie wird auf zwölf Personen begrenzt
werden. „Es ist ein halb offenes Konzept“, sagt Blätgen. Wenn ein
Teilnehmer einen Termin nicht wahrnehmen kann, kann jemand anderes
nachrücken. Ganz wichtig: Das gesprochene Wort wird diesen geschützten Raum nicht
verlassen.
Bewerben können sich Interessenten aus Hamm und Umgebung ab sofort.
„Ein persönliches Gespräch ist vorangestellt“, erklärt Meisel. „Wenn
jemand einen Tag nach dem Suizid eines Angehörigen zu uns kommen
will, ist das sicher zu früh.“ Zu dem Zeitpunkt wären erst einmal andere
Maßnahmen angesagt.
„Wir werden die Gruppe nicht leiten, sondern begleiten. Es wird kein
,Stammtisch´, sondern eine Art Resonanzraum. Die Teilnehmer sind herausgerissen
aus ihrem normalen Leben, aber hineingekommen in eine
Gruppe von Gleichgesinnten“, erklärt der Pfarrer.
Wie die Trauerbegleitung bei natürlichen Todesfällen wird auch diese Arbeit
nicht von den Krankenkassen finanziert. Das Geld geben der Förderverein
des Hospizes und die Evangelische Kirche.
Info und Anmeldung: 0175-5839935 oder sylvie.blaetgen @hospizhamm.
de.
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